Hidetaka Nishiyama (9. Dan)

Sensei Hidetaka Nishiyama, 9. Dan, ist, neben Taiji Kase und anderen, einer der wenigen noch lebenden Schüler vom Begründer des modernen Karate, Shihan Gichin Funakoshi. Sein gesamtes Denken, Handeln und Bestreben gilt dem traditionellen Karate-Do. Jeder, der diesen ruhigen und ausgeglichenen Großmeister näher kennt weiß aber auch, dass er innerhalb des Karate-Trainings eine enorme Dynamik entwickelt. Diese seine Eigenschaft - und der Umstand, dass seine Haarpracht zum silberweiß wechselte, brachte ihm den Namen "Der schneebedeckte Vulkan" ein. Heute ist dieser "schneebedeckte Vulkan" namens Hidetaka Nishiyama zu einer lebenden Legende innerhalb des Karate-Do geworden.

Großmeister Nishiyama wurde im Jahre 1928 in Tokio geboren. 1943 begann er sein Karatestudium unter Shihan Gichin Funakoshi. Der junge Nishiyama sog die gesamten Informationen aus der Hand Funakoshis wie ein trockener Schwamm in sich auf und war in seinem Trainingsei­fer kaum zu bremsen. Die Be­gegnung mit Shihan Gichin Funakoshi hatte das Leben von Hi­detaka Nishiyama grundlegend geändert und schon bald drehte sich sein ganzes Denken, Handeln - ja sein ganzes Leben nur noch um das Karate. Zwei Jahre später wurde Nishiyama Mitglied des Universitäts-Teams der Takushoku-Dai-Universität. Der junge Nishiyama, der an dieser Univer­sität eingeschrieben war und dort sein Studium absolvierte, wurde dort im Jahre 1949 zum Mannschaftskapitän gewählt. Später war Nishiyama Mitbe­gründer der All Japan Collegiate Karate Federation, in wel­che er auch zum Vorsitzenden bestimmt wurde.

Anfang der 50er Jahre - im Jahre 1951 - schloss Hidetaka Nishiyama in Tokio sein Stu­dium an der Takushoku-Dai­-Universität mit dem Meistergrad in Ökonomie ab.

Im selben Jahr agierte er als Mitbegründer der Japan Karate Association (JKA) und wurde dort auch in den JKA-Aufsichtsrat gewählt. Ein Jahr spä­ter wählte man Nishiyama dazu aus, das Kampftraining des strategischen Luftkommandos (SAC) als Mitglied des Lehrsta­bes für die dort unterrichteten Kampfkünste zu leiten. Die da­maligen Angehörigen des SAC erhielten Training in Judo, Ai­kido und Karate. Dieses Trai­ning fand damals noch in der weltbekannten Kodokan-Judo­-Hauptschule statt.

Für die Sektion Karate war hier natürlich seinerzeit Shihan Gichin Funakoshi persönlich zuständig und neben Hidetaka Nishiyama unterrichteten dort auch noch die Meister Naka­yama und Obata.

Vor 40 Jahren, also im Jahre 1953, wurde Nishiyama dann als Mitglied eines 10-köpfigen Budo-Teams in die Vereinigten Staaten eingeladen. Hidetaka Nishiyama besuchte mit dem Team in den USA SAC-Basen und gab dort 3 Monate Unter­richt in Karate, Judo und Ai­kido. Das Wirken des japani­schen Meisters in den USA machte ihm deutlich, dass es unbedingt nötig war, hier ein entsprechendes trainingsbe­gleitendes Fachbuch über Ka­rate zu schreiben. Diese Aufga­benstellung schloss Hidetaka Nishiyama im Jahre 1960 mit seinem Werk "Karate: The art of empty hand fighting" ab.

Die einmal geknüpften Ver­bindungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika sollten nicht abreißen. Bereits im Jahre 1961 wurde Hidetaka Nishiyama von SAC-Studenten und Mitgliedern der JKA die in den USA lebten nach Amerika eingeladen. Zu der damaligen Zeit war es innerhalb der Japan-Karate-Association (JKA) durchaus nicht selbstverständ­lich, dass Großmeister wie Ni­shiyama solchen Einladungen auch Folge leisteten. Hidetaka Nishiyama aber nahm diese Einladung in die USA an.

Diese seine Entscheidung nach Amerika zu gehen, sollte nicht nur sein Leben, sondern die gesamte Karate-Entwick­lung im euro-amerikanischen Kulturkreis beeinflussen, wie sich später herausstellte. Ein­mal in den USA ging Hidetaka Nishiyama seiner Idee, das tra­ditionelle Karate dort zu ver­breiten, direkt vehement an. Bereits Ende 1961 gründete er die All American Karate Fede­ration (MKF). Im November desselben Jahres fanden be­reits die ersten nationalen Ka­ratemeisterschaften der AAKF in Los Angeles statt. Ebenfalls in Los Angeles hatte Nishiyama sein erstes Karate-Dojo in den USA eröffnet. Aber sein Wirken und sein Bemühen, das tradi­tionelle Karate zu verbreiten ging weit über den Rahmen der USA hinaus, und so dauerte es auch nicht lange, bis Hidetaka Nishiyama als treibende Kraft für die Verbreitung des Shoto­kan-Systems in den USA und im Ausland zu großem Anse­hen kam. 1965 organisierte Nishiyama ein Komitee unter Mitwirkung der meisten japani­schen Karate-Stile, welches zum ersten Freundschafts­kampf zwischen den USA und Japan führte.

Durch die Teilnahme des All Japan Collegiate Karate Team wurde dieses Ereignis im Jahre 1965 zum ersten wirklich inter­nationalen Karate-Wettkampf stilisiert. Drei Jahre später, im Jahre 1968, verwirklichte Hi­detaka Nishiyama seinen Wunsch, ein Weltkarate-Tur­nier auszurichten. Dies ge­schah in der Los Angeles Sport-Arena in Verbindung mit dem olympischen Gedächtnisturnier in Mexiko-City. Das ganze wurde vom mexikanischen Ka­rate-Verband ausgerichtet. Pa­rallel zu dem Karate-Turnier wurde während der Meisterschaften eine Konferenz mit dem Ziel der Einrichtung eines internationalen Karate-Verban­des durchgeführt. Dieser da­mals noch "angedachte" in­ternationale Karate-Verband sollte geschaffen werden, um die ersten wirklichen Karate-Weltmeisterschaften durchzu­führen. Bereits 1968 stand fest, dass diese ersten Karate-Weltmeisterschaften in Tokio zur Ausrichtung kommen sollten. Doch dies konnte nicht so schnell realisiert werden, wie Hidetaka Nishiyama sich das gewünscht hätte, denn im Jahre 1970 kam es zu den ersten Verbandsproblemen. Doch Großmeister Hidetaka Nishiyama wäre nicht er selbst, wenn er diese nicht bewältigt hätte, denn genauso zäh und unermüdlich wie er im Training war, agierte er auch im admini­strativen Bereich. 1970, als sich die MKF als traditioneller Karate-Vorstand umordnete, trennte sich die JKA-Gruppe und wurde zur JKA-U.S. Nishi­yama verstand es aber, dass diese immer noch als Teil der AAKF geführt wurde. Seine größte Meisterleistung zu der damaligen Zeit war es aber, dass Nishiyama in beiden Ver­bänden Vorsitzender wurde. Dies war nur möglich, da Hi­detaka Nishiyama bereits da­mals über ein derart hohes An­sehen verfügte, dass man ihn in beiden Verbänden zum Vorsit­zenden haben wollte. Durch die Bemühungen von Hidetaka Nishiyama und seine guten ge­sellschaftlichen Kontakte in den Vereinigten Staaten von Amerika gelang es im April desselben Jahres, die Ameri­can Amateur Karate Federation (AAKF) zum Mitglied des ame­rikanischen olympischen Ko­mitees werden zu lassen. Ne­ben seinen internationalen Be­mühungen, das Karate auf Weltebene in einem Weltver­band zu einigen, agierte Nishi­yama aber auch verstärkt im nationalen amerikanischen Be­reich. In den USA gründete er 1973 die Pan-Amerikanische Karate Union, die später dann ihre erste Meisterschaft in Rio de Janeiro zur Austragung brachte. Basierend auf den Vereinbarungen von 1968 in Mexiko-City fanden nun Tur­niere in Tokio (1970) und auch in Europa (Paris 1973) statt.

Diese Weltmeisterschaften endeten aber mit Uneinigkei­ten. Großmeister Hidetaka Ni­shiyama führt dies auf den Mangel von formaler internatio­naler Organisation zurück. Ein internationales Treffen, wel­ches später in New York stattfand, resultierte in der Formulierung der Internationalen Amateur Karate Federation (IAKF) mit Nishiyama als ge­wähltem geschäftsführenden Direktor. Die ersten IAKF-WeIt­meisterschaften wurden dann 1975 in Los Angeles ausgetra­gen. Dort wurde die Deutsche Karate-Nationalmannschaft des DKB unter Hideo Ochi mit ihren Mitgliedern wie z.B. Dr. Jürgen Willrodt, Norbert Dalk­mann, Werner Büttgen und Co. Vizeweltmeister hinter dem Team der Japaner von der Ja­pan Karate Association. Be­reits vorher hatte es in der in­ternationalen Splitterung Ka­rate-Weltmeisterschaften des anderen Weltverbandes WUKO gegeben. (Innerhalb der World Union of Karate-Do Organisa­tion - WUKO - wurde die deut­sche Karate-Nationalmann­schaff der DKU mit den Kämp­fern Siegfried Wolf, Roland KaI­tenbach, Günter Mohr und Co. ebenfalls hinter Japan Vize-Weltmeister des Jahres 1977).