Osterlehrgang mit Sensei Pascal Petrella am 01.-06.04. 2010 in Cadiz / Spanien

Trainieren, Tanzen, Touri sein!

Von Cassandra Lajko

Wer verbringt Ostern nicht gern im warmen Süden, vorzugsweise am Strand und lässt ein wenig die Seele baumeln und verbindet das Ganze - natürlich - mit einem tollen Karatelehrgang? Dreizehn Karatekas aus drei verschiedenen Dojos in Müllheim, Zürich und Ludwigshafen ließen sich diese Möglichkeit nicht entgehen und packten die Koffer. Da nicht alle den gleichen Flug gebucht hatten, war der große Treffpunkt für alle der Flughafen in Málaga. Das lustige Sammeln, sich Suchen und Finden wurde von der kurzen Schreckensnachricht, das Gepäck der Müllheimer sei unterwegs verloren gegangen, unterbrochen. Diejenigen, die den Gi im Handgepäck untergebracht hatten, zuckten nur die Achseln, der Rest war schon etwas aufgeregter. Glücklicherweise stellte sich dann aber heraus, dass das Gepäck nur am internationalen Gepäckband gelandet war und doch alles da war. Auch die Suche nach den Spaniern, die uns am Flughafen abholen sollten, wurde schließlich vom Erfolg gekrönt und so ging es auf vier Autos verteilt ab nach Cádiz. Abhängig von den Englischkenntnissen der vier spanischen Chauffeure verliefen die Unterhaltungen flüssig oder eher stockend, da die Spanischkenntnisse der deutschen Besucher doch noch ziemlich in den Babyschuhen stecken und für größere Unterhaltungen nicht wirklich gut genug waren. Doch wenn die Kommunikation versagte, wurde eben fleißig aus dem Fenster geschaut, schließlich war die Aussicht nicht schlecht: Weiße Häuser, grüne Palmen und immer wieder dazwischen das tiefblaue Meer.

Juan-Pablos Lieblingsraststätte La Palmosa

Die Insel Cadiz von der Brücke aus gesehen

Nach gut zwei Stunden Fahrt bezogen dann alle in Cádiz die Doppelzimmer im Colegio San Ignacio. Es war zwar alles etwas spartanisch eingerichtet, aber immerhin hatte jedes Zimmer den Luxus einer eigenen Dusche.

Abends hieß es dann ab in die Stadt, um eine der traditionellen Osterprozessionen der Stadt anzusehen. Dazu durften sich alle durch die schmalen Gassen der Altstadt quetschen, zwischen wartenden, laut palavernden Spaniern und Süßigkeitenverkäufer mit ihren überfüllten Verkaufwägen hindurch, und das möglichst, ohne sich aus den Augen zu verlieren.

Osterumzug in Cadiz

Einer der Umzugswagen

Osterprozession

Osterprozession

Doch es lohnte sich: die riesigen Podeste, die von vielen Prozessionsteilnehmern in langen, bunten Gewändern und spitzen, hohen Kapuzen und Masken getragen wurden, waren mit ihren vielen Kerzen und goldenen Verzierungen wirklich einen Blick wert. Die Darstellungen verschiedener Szenen aus der Ostergeschichte wurden begleitet von Musik und dem Gesang der einzelnen Priester, die eine einzigartige Atmosphäre zwischen den hohen Häuserfassaden der Altstadt schufen. Irgendwann mitten in der Nacht ging es zurück zum Colégio um ein wenig zu schlafen, bevor am nächsten Tag eine genauere Stadtbesichtigung auf dem Programm stand.

Der Karfreitag begann mit einem gemütlichen Frühstück in einem Café in der Altstadt, danach ging es zu einem der vielen Türme von Cádiz, dem Torre Tavira. Juan Pablo hatte am Vortag einen tollen Ausblick auf die Stadt angekündigt, aber die Camera Obscura im Dachgeschoss des Torre Tavira übertraf wohl die genialsten Vorstellungen. Auf einer runden, weißen Steinplatte, die auf den ersten Blick völlig unspektakulär aussah, bildete sich dank der zwei schwenkbaren Spiegel auf dem Dach des Turmes die ganze Stadt ab. Durch Höhenverstellung wurde wahlweise die Umgebung des Turmes oder die weit entfernten Stadtränder "scharfgestellt". Vom schlafenden Hund auf der Dachterrasse des Nachbarhauses und der flatternden Wäsche auf der Leine bis zu den Autos, die irgendwo am Stadtrand vorbeifuhren, war alles gestochen scharf zu sehen. Den zweiten 360° Rundumblick gab es anschließend vom dem Dach des Turms aus.

Aussicht vom Torre Tavira

Architektur mit maurischen Einschlag

Überall kann man den maurischen Einfluss in Cadiz erkennen

Typische schmale Straße in Cadiz

 

Die Stadtmauer, die nicht einmal Napoleon bezwang

Kathedrale von Cadiz

Cadiz von oben

Imposanter Baum

Typische spanische Tapas

Beim Mittagessen in einer spanischen Bodega

Später schlängelte sich die ganze Truppe Juan Pablo und seiner Frau hinterher durch die schmalen Gassen bis zur großen Kathedrale von Cádiz, die je nach persönlicher Interessenslage mehr oder weniger enthusiastisch besichtigt wurde.

Als letzte touristische Tätigkeit des Tages fuhren wir mit dem Doppeldeckerbus quer durch Cádiz und der deutsche Audioguide erklärte einige Bauwerke und gab Einblicke in die wechselhafte Geschichte der einstigen römischen Handelsstadt.

Für den Nachmittag entschieden sich die meisten für eine Weinprobe in einer typisch spanischen Bodega mit Juan Pablo und seiner Familie, andere schlenderten noch einmal durch die Stadt oder suchten Muscheln am langen Sandstrand von Cádiz.

ja, so lässt es sich leben

Salute!

Am Abend stand das erste Training an, die Halle war praktischerweise direkt neben dem Colégio. Die Spanier hatten über der großen Turnhalle einen Raum mit Tatamis ausgelegt, weil Sensei Pascal sich einen kleinen Übungsraum gewünscht hatte. Das brachte zwar von Zeit zu Zeit ein paar Platzprobleme mit sich, schuf aber eine wunderbar familiäre Atmosphäre, die in einer großen Halle so nie entstanden wäre.

Von der Spiegelwand in unserem kleinen Dojo konnte allerdings nur am Anfang der Trainingseinheiten profitiert werden, denn spätestens nach 45 Minuten war alles so hoffnungslos beschlagen, dass die schwitzenden Spiegelbilder der rund 25 Karatekas nicht mehr zu sehen waren.

Sensei Pascals Hauptthema für das Osterwochenende war die Bauchatmung. Als Aufwärmtraining zeigte er einige Atemübungen, die dann am Anfang jeder Trainingseinheit wiederholt wurden. Gemeinsam mit Partner wurde also geatmet, was das Zeug hielt.

jaaa, endlich Training

Bauchatemübungen

Cassandra testet Helmuts Bauchatmung

Anwendung der Atmung mit einfachen Techniken

Kizami-Zuki mit Einatmung

Offene Hand Kihon

Monika aus Cadiz beim Üben

Der Partner sollte dabei leichten Druck mit den Fingern auf den Bauch des "Atmenden" ausüben. Beim schnellen und korrekten Ausatmen sollte sich der Bauch praktisch nach außen spannen, die Hand des Partners also nach außen gedrückt werden. Für das Einatmen galt dasselbe. Um verschiedene Positionen auszutesten, wurden die Atemübungen im Stehen, Sitzen und Liegen gemacht. Von außen betrachtet sah das Ganze vermutlich aus wie ein Haufen Verrückter bei der Schwangerschaftsgymnastik.

Durch das häufige Wiederholen zu Beginn jeder Trainingseinheit zeichneten sich aber bald Fortschritte ab. Auch im weiteren Verlauf des Trainings, bei den acht Blocktechniken mit geschlossenen Händen ohne und mit Partner, legte Sensei Pascal viel Wert auf die bewusste Atmungsausführung.

Nach dem Training ging es gemeinsam zum fröhlichen Abendessen in eine Pizzeria. Dann wurde das Nachtleben von Cádiz erforscht und schließlich landete die ganze Gruppe in einer kleinen Disco und mischte sich unter die Tänzer.

Sonnenuntergang in Cadiz

Grigori Teuffen bekommt von unsern spanischen Freunden einen Geburtstagskuchen

Sensei Pascal Petrella demonstriert Chudan Shuto Barai mit Sensei Juan-Pablo Delgado

Sensei Pascal Petrella mit Chudan Shuto-Barai

Sensei Pascal Petrella mit O-Waza Block und Gedan Kamae

Gyaku Haito Konter zum Hals von Sensei Juan-Pablo Delgado

Sensei Petrella mit Osae-Uke und Jodan Kamae

Sensei Petrella mit Gedan Shuto Barai und Jodan Kamae

Beim Chudan Block sollte der Unterarm waagerecht geführt werden

Besonders viel Zeit zum Schlafen war in dieser durchtanzten Nacht dann nicht mehr übrig, aber trotzdem standen am Samstag fast alle pünktlich im Training. Sensei Pascal zeigte uns Naihanchi Sandan die 45°-Variante der Tekki Sandan. Als der Ablauf einigermaßen sicher saß, kam das Bunkai-Training dazu. Aus den geplanten zwei Stunden Training wurden fast drei, und auch wenn der Sauerstoff in unserem kleinen Dojo langsam knapp wurde, waren doch alle begeistert bei der Sache. Der Nachmittag stand zur freien Verfügung, bis abends die dritte Trainingseinheit begann. Auch hier legte Sensei Pascal wieder viel Wert auf die richtige Atmung. Bei den folgenden acht Blocktechniken mit offenen Händen war es wichtig, sich nicht nur auf den Partner sondern auch auf die eigene Atmung zu konzentrieren.

Am Abend gab es wieder ein leckeres Essen, bei dem es mitunter recht turbulent zuging, bis jeder wusste, was er essen will - Juan Pablo kam als Dolmetscher ganz schön ins schwitzen. Einen Teil der Truppe zog es danach wieder in die Disco, andere bevorzugten das Erholung versprechende Bett.

Am Sonntagmorgen stand die letzte Einheit auf dem Programm: Noch mehr Partnertraining und noch mehr Atmung und dabei wieder hoffnungslos die Zeit vergessen.

Abendessen in Cadiz

Sensei Pascal Petrella erhöht die Schwierigkeit des Block
durch verändertes Timing beim Angriff

Roland Reizeck aus Zürich
beim Partnertraining mit Sensei Juan-Pablo

 

Nach dem gemeinsamen Gruppenfoto hieß es dann erst mal ab unter die Dusche, umziehen und wieder vor dem Colegio versammeln. Dann ging es los zum Hafen von Cádiz und einer gemütlichen, wenn auch ziemlich windigen und frischen, Schiffsrundfahrt.

Die deutschen Touris auf Schiffsrundfahrt

Sensei Pascal Petrella und Sensei Juan-Pablo Delgado

Familie Teuffen genießt den Ausflug

Ein Frachtschiff in der Werft von Cadiz

 

Bau der Brückenpfeiler einer Brücke nach Cadiz

 

Der Rest des Tages wurde hauptsächlich mit durch die Stadt schlendern verbracht, bevor es abends wieder zum gemeinsamen Essen ging. Anschließend wurde ein spanischer Irish Pub unsicher gemacht und ein paar besonders Tanzwütige wagten sich erneut in die Disco.

Der nächste Tag begann mit frühem Aufstehen und eiligem zum Bahnhof fahren, denn für den Montag stand ein Ausflug nach Sevilla auf dem Programm. Die Zugfahrt wurde hauptsächlich zum Schlaf nachholen genutzt. In Sevilla angekommen teilte sich die Truppe nach und nach auf, um verschiedene Teile der Stadt zu sehen. Die meisten bestaunten die Reales Alcázares, die Sommerresidenz des spanischen Königs, mit ihren beeindruckenden Räumen, und bunten Gärten, oder die große Kathedrale mit der Giralda.

Kathedrale von Sevilla

Alcázares in Sevilla

Die Reales Alcázares, Sommerresidenz des Spanischen Königs

Wer wollte, konnte sich abends noch eine tolle Flamencoshow in Sevilla ansehen oder zurück nach Cádiz fahren, bei Juan Pablo in seinem Dojo trainieren oder sich einfach nur ausruhen. Das Abendessen in Cádiz wurde ein kleines Abenteuer, da unser Übersetzer Juan Pablo nicht dabei war und es wie immer keine deutschen Speisekarten gab. Glücklicherweise wurden trotzdem alle satt, auch wenn vermutlich keiner so ganz genau wusste, was er da eigentlich gerade aß.

Am Dienstagmorgen ging es in aller Frühe los: Um halb drei waren bereits alle auf die spanischen Autos verteilt und unterwegs nach Málaga zum Flughafen. Nach einem herzlichen Abschied von unseren spanischen Gastgebern verteilte sich die Truppe auf ihre unterschiedlichen Flüge und es ging ab nach Hause. Und da hieß es dann erst mal Schlaf nachholen, all die vielen verschiedenen Eindrücke verarbeiten und vielleicht schon den nächsten Ausflug nach Cádiz zu planen - schließlich wissen wir jetzt, wie toll es dort ist.

Montagabend-Training bei Sensei Juan-Pablo im Dojo

Daniel und Klaus beim Üben

Sensei Juan-Pablo und Sensei Pascal


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